Singe, wem Gesang gegeben

Auch mit 80 lädt Frank Ledig die „Jungen Alten“ zum Singen ein – und das hält fit

„Nun will der Lenz uns grüßen“ tönt es vielstimmig durch die Räume der evangelischen Kirche. 20 „junge Alte“ sitzen im Kreis, ein Schlückchen Wein oder Wasser vor sich und lassen sich zum Singen verführen – von Frank Ledig. Das Akkordeon fest im Griff stimmt er Lieder an, die sich reihum jeder aussuchen darf. Volksweisen sind es meistens, aber manchmal erklingt auch ein Schlager oder ein Evergreen. Fröhlich ist die Stimmung und überaus gesellig. Auch ein Witzchen darf zwischendurch nicht fehlen.

Seit Gründung des Vereins im Jahr 2006 führt Frank Ledig die Gesangsgruppe, und trägt damit ganz erheblich zum Wohlbefinden der Teilnehmer bei, denn wissenschaftliche Studien haben bewiesen, dass die Musik Körper und Psyche stärkt, aber auch ablenkt von Sorgen und Nöten. Singen und Musizieren fördert Gedächtnisleistung, Entspannung und Konzentration. Hirnstrukturen werden stimuliert und Gefühle ausgelöst. Das aktiviert die Durchblutung.

Wunderbar, dass sich solche positiven Wirkungen ganz von alleine einstellen und niemand darüber nachdenken muss. „Dabei wird dem Gehirn eine besondere Leistung abverlangt“, sagt Frank Ledig. „Man muss sich auf den Text, die Noten und den Rhythmus konzentrieren und man muss sich den anderen Sängern anpassen. Wenn im Kanon gesungen wird, ist noch mehr Konzentration erforderlich. Außerdem fördert der Gesang die Geselligkeit, regt die Erinnerung an und wirkt der Demenz entgegen. Durch das Singen denkt mancher wieder an die Jugend. Und wer vor Publikum singt und Beifall bekommt, erhält ein besonderes Lob. Das tut allen gut.“

Frank Ledig ist ein Vollblutmusiker, der sich ein Leben ohne Musik gar nicht vorstellen kann. Seit seiner frühesten Kindheit singt er, nahm Musikunterricht, war im Schulchor und verschönerte als Musiker manche Veranstaltung. In den 70er Jahren leitete er in Heimbach einen Chor, der gemeinsam mit der Eifelperle aufgetreten ist.

Wer ihn sieht, wie er aus dem Stegreif eine Gesellschaft unterhält und auch ohne Noten manch fröhliches Liedchen anstimmt, erkennt, hier ist jemand mit Herz und Seele bei der Sache. Und so etwas hält offensichtlich jung: „Der ist überhaupt nicht älter geworden“, ist die einhellige Meinung seiner Freunde. Ein größeres Geschenk kann es zum 80. Geburtstag kaum geben.                                                                               ush

In St. Clemens wurde das Leben gefeiert

„JoyfulSpirit“ und „Jazz4u“ begeisterten das mehr als 200-köpfige Publikum

„Oh, yes“, schallt es durch die St.-Clemens-Kirche. Es ist ein fröhliches Jauchzen, das immer stärker wird. „Gospel heißt mehr Schreien als Singen“, lacht Maria Hermanns und fordert das Publikum zu immer lauteren Rufen auf. Die quirlige Dirigentin leitet temperamentvoll und gestenreich den Chor „JoyfulSpirit“ aus dem Belgischen Raeren, und sie weiß die mehr als 200 Zuschauer, die auf Einladung der „Jungen Alten“ gekommen sind, zu begeistern. Bis auf den letzten Platz gefüllt ist die Kirche, selbst die Empore muss noch Besucher aufnehmen.

„Stehen Sie auf, dann können Sie viel besser singen“, ruft Hermanns, und sofort erhebt sich das Publikum, klatscht und freut sich über eine geistliche Musik mit afro-amerikanischen Wurzeln, die mitreißt und das Leben feiert. „I Open My Mouth“, „Take Me To The Water“, “Down By The Riverside”: Die Gospels sprühen vor Energie, und die Mitglieder des Chors wippen und swingen, klatschen und singen manchmal im Wechselgesang mit ihrem Publikum.

Dazu spielt die Jülicher Band „Jazz4you“ mit Reinhold Wagner (Posaune, Altsaxophon, Vocal) an der Spitze. Es wird improvisiert und verziert, frische musikalische Energie erfüllt die Kirche, denn die Freude am gemeinsamen Tun ist Wegweiser und Ziel. Mit „Parce Mihi Domini“ von Cristobal de Morales wagen sich Chor und Band sogar an ein Renaissance-Stück, das von Leslie Webb am Sopransaxophon begleitet wird.

Wunderbar die Einlagen mit Jazz-Classics: Zu „Sugar“ von Stanley Tumentine singt Maria Hermanns ein Solo. Sie ist ausgebildete Opernsängerin, hat lange in Afrika gelebt und in Amerika die Entwicklungen der afroamerikanischen christlichen Musik studiert.

Aufwühlend das Traditional „We Will Stay With You“. Hand in ziehen die Chormitglieder durch die Reihen der Zuschauer und zeigen sichtbar die Einheit und Glückseligkeit, die aus gegenseitiger Anerkennung, Freude und Vergebung entsteht.

Bemerkenswert: Ein Chor und eine Jazzband stehen musikalisch unter verschiedenen Vorzeichen. Der Chor benötigt präzise Strukturen und Leitung, um Einklang zu erzielen. Eine Jazzband improvisiert und wirft sich sozusagen spielerisch die Bälle zu. Diese beiden Welten zusammenzubringen, war die große Herausforderung. Sie glückte. Positiv und fröhlich war die Stimmung in der Kirche, begeistert der Applaus. Ein ganz besonderer Abend in St. Clemens. ush

Maria Hermanns (vorne) lud das Publikum zum Mitsingen ein.